Tagungen
- „Leichte Muse im Wandel der Zeit“, 12.06.2016Einklappen
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Leichte Muse im Wandel der Zeiten – so ist die Tagung überschrieben, die dem Werdegang dieser überaus vitalen und wandlungsfähigen Gattung des Musiktheaters im Wechsel von der Weimarer Republik zur NS-Zeit nachgeht.
Die Operette, im Berlin der 1920er Jahre zur beschwingten, frivolen, verjazzten Großstadtunterhaltung gereift, begeisterte große Publikumsschichten – so auch in Nürnberg, wie die zahlreichen Titel in den Spielplänen belegen. Auch nach 1933 sollte weiterhin Operette in Nürnberg gespielt werden, aber unter deutlich anderen Vorzeichen. Unter Adolf Hitler, einem erklärten Liebhaber der Gattung, hatte die Operette neue Aufgaben zu erfüllen und musste sich anders gewanden: Die Stücke jüdischer Autoren und Komponisten wurden verboten und das Unterhaltungsgenre propagandistisch genutzt. Opernhaftes Operetten-Singen ersetzte den frechen Kabarett-Ton der 1920er Jahre, neue Stücke erschienen auf dem Spielplan. Kamen diese Veränderungen anfangs fast unbemerkt daher, so erfüllten sie doch in den schwerer werdenden Zeiten des Nationalsozialismus’ ihre Funktion: weg von Ironie, Witz und musikalischem Großstadtton hin zu eher restaurativer Atmosphäre und Weltenflucht.
An der Tagung nahmen Wissenschaftler*innen – unter anderem Kevin Clarke, einer der Spezialisten des Genres – sowie Leiter und Mitarbeiter*innen des Forschungsprojekts teil. Ergänzt wurde das Programm durch ein Konzert, in dem Vergessenes, Unbekanntes und vermeintlich Bekanntes neu zu Gehör gebracht wurde.
Die Beiträge wurden im Symposiumsband Leichte Muse im Wandel der Zeit (Download PDF) veröffentlicht.
12. Juni 2016, 11.00 Uhr, Gluck-Saal
- Tagungsprogramm
11 Uhr Begrüßung
11.15 Uhr Prof. Dr. Anno Mungen, Universität Bayreuth
Einführung zum Forschungsprojekt11.30 Uhr Prof. Dr. Nils Grosch, Universität Salzburg
Populäres Musiktheater im „Dritten Reich“: Paradigmen und Fragen der Forschung12.15 Uhr Daniel Reupke M.A., Universität Bayreuth
Quellen zur Operette am Nürnberger Stadttheater 1920 bis 1945: Eine Bestandsaufnahme.13-14 Uhr Mittagspause
14 Uhr Dr. Carolin Stahrenberg, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
„Zu 100% deutsch – zu 100% anders?“ Stichproben zu Kontinuitäten und Brüchen im populären Musiktheater der 1930er-Jahre14.45 Uhr Dr. Kevin Clarke, Operetta Research Center Amsterdam
„Ich reiß mir eine Wimper aus und stech' dich damit tot!“ – Die Entnazifizierung der NS-Operette zwischen
1945 und 201515.30 Uhr Leise erklingen Glocken vom Campanile
Musikalisches Programm mit Hans Kittelmann (Tenor), Kurt Schober (Bariton) und Andreas Paetzold (Klavier)16.15-17 Uhr Abschlussdiskussion
- „Hitler.Macht.Oper“, 02. – 04.06.2017Einklappen
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Wie sehr sich Hitler für die Oper begeisterte, ist hinlänglich bekannt: Er selbst stilisierte Opernerfahrungen als politische Erweckungserlebnisse, förderte einzelne Künstler*innen und ganze Institutionen – etwa die Bayreuther Festspiele – aus seinem Privatvermögen und erteilte noch mitten im Krieg Anweisungen, wie bestimmte Werke aus seiner Sicht zu inszenieren seien. Damit steht die Bedeutung der Oper für die nationalsozialistische Führungsspitze außer Frage. Nur wenig weiß man indes über die konkreten Auswirkungen dieser Fixierung im regionalen Bereich. Denn während Hitlers und Goebbels’ Anordnungen den Eindruck von totaler Kontrolle des Kulturlebens erweckten, boten sich den lokalen Funktionären immer wieder Freiräume für eigenmächtiges Handeln. Ebenfalls kaum erforscht sind die Wechselwirkungen, die sich zwischen der Bühne und dem städtischen Leben entwickelten. Gerade im Falle Nürnbergs – Stadt der Meistersinger und Stadt der Reichsparteitage – ergaben sich zahlreiche Schnittflächen zwischen geschichtlicher, ästhetischer, politischer und urbaner Topographie.
Diese vielfältigen Verflechtungen zwischen theatralem und städtischem Raum, ihrer Akteur*innen und staatlicher Propaganda werden während der Tagung Hitler.Macht.Oper in den Blick genommen. Aus interdisziplinärer Perspektive sollen die wechselseitigen Beziehungen zwischen inszenierter Herrschaft und herrschaftlicher Inszenierung zur Sprache gebracht werden. Dabei werden die Prozesse beleuchtet, die Opernhaus und Stadt gleichermaßen zum Darbietungs- und Erfahrungsraum machten. Im Hinblick auf die Ausstellung im Dokumentationszentrum 2018 wird in einem Roundtable-Gespräch zwischen Vertreter*innen aus Kunst, Museumswesen und Wissenschaft die Vermittlung ästhetischer und politischer Inszenierung als Weg zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in Nürnberg reflektiert.
Einzelne Beiträge der Tagung sind bereits im Symposiumsband Hitler.Macht.Oper (Download PDF) veröffentlicht worden. Die Erkenntnisse der anderen Vorträge werden mit dem Sammelband, der im Herbst 2019 erscheinen wird, zugänglich gemacht.
2. bis 4. Juni 2017, Nürnberg
- Tagungsprogramm
Freitag, 2. Juni 2017, Staatstheater Nürnberg, Gluck-Saal
12 Uhr Begrüßung1. Ästhetik und Propaganda
12.30 Uhr Hans Rudolf Vaget, Northampton
Deutschland – Meistersingerland13.15 Uhr Evelyn Annuß, Berlin
Der Telefunken-Meistersinger. Zur akustischen Führerinszenierung14.15 Uhr Wolfram Pyta, Stuttgart/Ludwigsburg
Was lernte Hitler in der Oper?15.00 Uhr Tobias Reichard, Thurnau
Nationalsozialismus als Gesamtkunstwerk – Aspekte eines Forschungsparadigmas16.00 Uhr Manuela Jahrmärker, Thurnau
Benno von Arent und das „deutsche Bühnenbild“16.45 Uhr Thomas Kuchlbauer, Köln
Hitlers Hans Sachs: Der Schusterpoet in Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg und Albert Lortzings Hans Sachs am Opernhaus NürnbergSamstag, 3. Juni 2017, Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Kino
09.45 Begrüßung2. Akteure und Propaganda
10.00 Uhr Dominik Frank, Thurnau
Die „Reichsdramaturgie“ und die Nürnberger Oper10.45 Uhr Daniel Reupke, Thurnau
Netzwerk Theater – Wechselwirkungen von Kultur- und Personalpolitik in der NS-Zeit am Beispiel Nürnberg3. Inszenierung und Propaganda
14.30 Uhr Silvia Bier, Thurnau
Alles (nur) Theater? – Inszenierungsstrategien auf und abseits der Bühne des Nürnberger Stadttheaters15.15 Uhr Anno Mungen, Thurnau
Wieland Wagners Tätigkeit für die Nürnberger Oper16.15. Uhr Christiane Plank-Baldauf, München
Den Schrecken ausstellen, geht das? – Museumskonzepte zwischen Dokumentation, Vermittlung und unmittelbarem Erleben17.00 Uhr Round Table zur Museologie und Propaganda
Moderation: Dominik Frank, Thurnau
Alexander Schmidt (Dokumentationszentrum Nürnberg), Hermann Feuchter (Bühnenbildner, Kassel), Anno Mungen (fimt Thurnau), Christiane Plank-Baldauf (Theaterwissenschaftlerin, München), Michael Schmidl (Vizepräsident ADBK, München)
Sonntag, 4. Juni 2017, Staatstheater Nürnberg, Gluck-Saal
09.15 Uhr Begrüßung09.30 Uhr Jasmin Goll und Jane Ebah Ruweji-Neumann, Thurnau
Heimchen am Herd, Verführerin oder Weltretterin? – Frauenbilder und Frauenbiografien am Nürnberger Stadttheater 1920–1950. Vorstellung des studentischen Teilprojekts der Mariann-Steegmann-Foundation4. Topographie und Propaganda
10.30 Uhr Martin Ott, Bayreuth/Bamberg
„Des deutschen Reiches Schatzkästlein“. Imagekonstruktionen Nürnbergs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts11.15 Uhr Sebastian Werr, München
Hitler als Theaterbaumeister13.00 Uhr Stefan Heinz, Wittlich
Von der „Akropolis“ zur „Dortmunder Baracke“ – Die Pläne für ein Opernhaus in Luxemburg während der deutschen Besatzungszeit13.45 Uhr Gerwin Strobl, Cardiff
Nürnberg ist nicht Weimar: Musiktheater und „Reichsidee“ im Nationalsozialismus14.30 Abschlussdiskussion
15.00 Ende