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fimt. Forschungsinstitut für Musiktheater

Inszenierung von Macht und Unterhaltung – Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920–1950

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Bühnenbild „Die Meistersinger von Nürnberg“ 1935 - Reichsparteitagsgelände Nürnberg

Inszenierung von Macht und Unterhaltung – Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920–1950

Theaterbühne und städtischer Raum standen in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in einem besonderen Wechselspiel: Das Theater wurde für die staatliche Propaganda instrumentalisiert, das Regime lernte für seine Selbstdarstellung von der Theaterbühne.

Am Nürnberger Stadttheater (heute: Staatstheater) wird dies beispielhaft sichtbar gemacht: Wenn die Aufführung von Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg den feierlichen Beginn jedes Reichsparteitages markierte, wenn der ,Lichtdom‘ die theatrale Kulisse für den Aufmarsch von 120 000 politischen Leitern bildete oder das Stadttheater im August 1944 bei der „Theatersperre“ seine Türen mit der Götterdämmerung schloss, so sind die Wechselwirkungen zwischen Bühnen-, Stadt- und Herrschaftsraum wie unter einem Brennglas versammelt. Die Tribünen auf dem Zeppelinfeld wurden zur Vorlage für Inszenierungen im Opernhaus, das seinerseits auf Anordnung Adolf Hitlers als Repräsentationsraum für den neuen Machthaber in nationalsozialistischer Ästhetik umgestaltet wurde.

Angeregt durch Forschungsprojekte in Berlin, München und Wien entstand 2013 im Staatstheater Nürnberg der Plan, die eigene Geschichte während des Nationalsozialismus zumal an diesem besonderen Ort Nürnberg zu ergründen. Die Theaterleitung um Peter Theiler und Johann Casimir Eule fand in Anno Mungen, dem Direktor des Forschungsinstituts für Musiktheater der Universität Bayreuth, einen engagierten Mitstreiter. Nachdem mit dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände ein kompetenter Partner für die Ausstellungkonzeption gewonnen werden konnte, begann eine interdisziplinär aufgestellte Arbeitsgruppe von Theaterschaffenden, Musiktheaterwissenschaftlern*innen, Historiker*innen und Ausstellungsmacher*innen mit der Projektvorbereitung.

Der Schwerpunkt der ersten Projektphase lag in der oral history. Die Arbeit mit Zeitzeug*innen, die einem Aufruf in der Nürnberger Presse im Juni 2014 gefolgt waren, steuerte zum Forschungsprojekt Dokumente wie Fotos, Zeitungsausschnitte, sowie persönliche Aufzeichnungen und eigene Erinnerungen bei. Die so gewonnenen individuellen Erfahrungen und Eindrücke stellten für die Forschungsarbeit gleichermaßen eine methodische Herausforderung wie eine besondere Bereicherung dar. Das Symposium Leichte Muse im Wandel der Zeit untersuchte die Geschichte der Operette am Nürnberger Stadttheater, insbesondere im Hinblick auf ihre propagandistische Vereinnahmung zur Unterhaltung und Zerstreuung der ,Volksgemeinschaft‘.

Den Beginn der zweiten Phase markierte der bewilligte DFG-Antrag. So konnten ab Januar 2017 die bisher gewonnenen Erkenntnisse vertieft und durch systematische Archivarbeit ergänzt werden. Die mehrtägige Tagung Hitler.Macht.Oper im Juni 2017 eröffnete Zugänge aus interdisziplinärer Perspektive und fokussierte den Projektkern. Gleichzeitig diente sie als Impuls zur Ausstellung Hitler.Macht.Oper - Propaganda und Musiktheater in Nürnberg, die im Juni 2018 im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg eröffnet wurde. Hierbei wurde versucht, die Verbindungen zwischen Theaterpraxis, urbaner Identität und politischer Machtausübung freizulegen.

Die letzte Phase widmete sich den Abschlusspublikationen. Im Herbst 2019 erscheint ein umfangreicher Sammelband, der die Ergebnisse von Tagung, Ausstellung und Forschungsprojekt zusammenfassen und reflektieren wird. Er repräsentiert damit auch den Forschungsstand zum Thema Musiktheater im Nationalsozialismus. Des Weiteren entsteht eine Edition, die der Geschichte des Nürnberger Opernhauses und seiner leitenden Mitarbeiter*innen, sowie den Zeitzeugen gewidmet ist. Im Zentrum der zweijährigen Projektarbeit stand so insbesondere die Vermittlung der Forschungsergebnisse an eine breite Öffentlichkeit im Rahmen eines DFG-Transfer-Projekts.


Verantwortlich für die Redaktion: Daniel Reupke

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